Sonntag, 11. Februar 2018

Holm Birkholz und Manfred Preis: "Ein Sommernachtstraum"

Heute standen zwei Musiker auf der Bühne der Freien Klänge in der Festung Mark, die normalerweise bei den Berliner Philharmonikern zu hören sind.
Holm Birkholz – Komposition, Violine, Percussion, Klangschalen, Spieluhren
Manfred Preis – Klarinette, Steirische Harmonika
Daneben nehmen sie sich aber auch Zeit für eigene Projekte. Eines davon entspringt Holm Birkholz' Liebe zur meditativen, fernöstlich inspirierten Musik (wie auf seiner aktuellen CD Arpeggio – Im Echo der Stille). Und damit paßten die beiden genau in die Magdeburger Weltmusikreihe.

Manfred Preis (links) und Holm Birkholz 
in der Magdeburger Festung Mark

Das Konzert stellte Holm Birkholz unter den Titel "Ein Sommernachtstraum" und lud die Konzertbesucher ein, einer Geschichte, einer Vision, vielleicht auch einem Märchen zu folgen und sich ganz in die Musik rund um Sonne und Sterne hinein sinken zu lassen. Diesem Ansatz entsprachen auch der Bühnenaufbau und die von Janet Kirsten gestaltete Lichtinstallation. "Die Musiker stehen sonst oft im Licht. Hier aber soll die Musik den Raum füllen und die Hauptrolle einnehmen", sagte die Berliner Bühnenbildnerin. So wurde die Bühne dann, passend zur kosmischen Musik, von einer riesigen, dunkel golden leuchtenden Sonne beherrscht. Vor den Musikern standen von Kerzen gleichfalls golden erleuchtete Schalen aus innen verspiegeltem Glas, vielleicht andere kosmische Himmelskörper darstellend. Der Rest des Raumes war in rotes Licht getaucht, das die Konturen verschwimmen ließ und auch die Musiker nur sparsam beleuchtete und ihnen als Person tatsächlich nur die (beabsichtigte) Nebenrolle zuwies.

Bühnenbild aus Sonne und Sternen in einer
Lichtinstallation von Janet Kirsten

Die einzelnen Sätze seiner Komposition beschrieb Holm Birkholz mit kurzen Texten, die er jeweils vortrug. So stand am Beginn des Sommernachtstraumes ein schöner Sommerabend: "Wir verweilen ... an einem Ort der Stille, vielleicht auf einem Berggipfel, und warten auf den Sonnenuntergang. Mit zunehmender Dämmerung werden mehr und mehr Sterne am Himmel sichtbar und langsam umfängt uns das funkelnde Licht dieser sternenklaren Neumondnacht". Leise angeschlagene Klangschalen – Abendglocken gleich – wurden von tiefen Tönen aus Manfred Preis' Baßklarinette begleitet. Töne aus einer Spieluhr werden leise hörbar, bis dann Stille einkehrt.

Stille, die Birkholz den zweiten Satz einleiten ließ:  "In sternklarer Finsternis schauen wir hoch in die unendlichen Sphären des Nachthimmels. Wir entdecken mehr und mehr Sterne und nehmen wahr, wie uns diese Gestirne etwas zuflüstern". Sich wiederholende Folge von mal pizzicati gespielten, mal gestrichenen Violintönen und silberhellen Tönen kleiner Klangschalen lassen eine sphärische Wirkung entstehen, machen das Gefunkel der Sterne hörbar.

Weiter geht es in einem Kometenschweif: "wir genießen dort die Stille des Weltraums und vergessen dort völlig, daß dieser Komet mit einer unvorstellbaren Geschwindigkeit den Raum durchmißt", sagt Holm Birkholz dazu. "Aber davon hören Sie nichts, alles ist still um Sie herum". Und in diese Stille hinein zaubert er leise Klänge, beinahe unhörbar leise.

Zwischen die Sternenstaub-Sätze setzt Manfred Preis kurze Zwischenspiele auf einem steirischen Akkordeon. Diese Musik, auf einem nahe an Naturtönen gebauten Instrument und im Programmheft als "Jodler" bezeichnet, holt die Zuhörer wieder auf die Erde zurück, setzt mit folkloristischen Elementen den sanften Himmelssphären die Klänge einer Welt entgegen, auf der sich die Menschen von je her über vocal erzeugte Töne verständigten und Musik zur Natur des Alltags gehörte.

Das Programm endet nach dem Sonnenaufgang (bei dem allmählich auch die Vögel anfangen zu singen) mit einem "Kehraus", einem fröhlichen Walzer, den Preis und Birkholz gemeinsam auf Akkordeon und Violine spielen.

Das Magdeburger Publikum lauscht konzentriert jedem leisen Ton mit großer Aufmerksamkeit und sei er so leise wie die sprichwörtlich fallende Stecknadel. Darf ich "das Publikum läßt sich auf dieses Experiment ein" schreiben, wollte ich später von Holm Birkholz wissen. "Ein Experiment ist es eigentlich nicht", sagte Birkholz über seine Komposition, "ganz im Gegenteil sind in den Konzerten viele dankbar darüber, etwas zu hören, was es sonst nicht zu hören gibt". Seine Komposition, erklärt er weiter, entstand für die Osterfestspiele in Baden-Baden, ist also später noch auf einem großen Festival zu hören.  (und hier in Magdeburg hatte das Publikum den Vorteil, ganz dicht an der Musik dran gewesen zu sein).

Die von Holm Birkholz verwendeten Spieluhren sind von Karlheinz Stockhausen lizenzierte Spieluhren eines Schweizer Herstellers, mit Sätzen aus dessen Sternkreiszeichenzyklus. Mit diesen Zitaten aus neuer Musik ordnet sich die Komposition von Holm Birkholz ein in eine ganze Reihe von Musik, zu der sich Komponisten von Sternen und Planeten inspirieren ließen. Gustav Holsts "Planeten" sind da sicher die bekanntesten, aber schon in der Antike gab es die Idee, den kosmischen Sphären eine musikalische Entsprechung zu geben. Und ganz gewiss ist auch Filmmusik wie die von John Williams zur Star-Wars-Reihe klassisch inspiriert, ebenso wie in Science-Fiction-Filmen zum Teil auch gleich klassische Musik verwendet wurde, wie "Also sprach Zarathustra" in "2001". Es ist wirklich interessant, die Gedanken schweifen zu lassen und zu überlegen, wo überall die Sterne und Planeten musikalisch eine Rolle spielen. Mit dem Konzert bei den Freien Klängen ist es jetzt jedenfalls eine Komposition mehr. Eine der sehr sphärischen.

Zwei der von Karlheinz Stockhausen lizensierten
Spieluhren mit Sätzen aus seinem Sternzeichen-Zyklus
Zu den Freien Klängen gehört immer die Lesung eines
Gedichtes, normalerweise in der Pause. Weil das
Konzert diesmal in einem Stück aufgeführt wurde,
griff Warnfried Altmann gleich vor Beginn zum
Gedichtband und rezitierte vor der golden  leuchtenden
Sonne Eva Strittmatters Gedicht "Chagall".

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