Sonntag, 13. Mai 2018

Duo Dong Dix + Viktor Kalinke

Heute gab es bei den Freien Klängen ein Lesekonzert. Die Weisheit chinesischer Philosophen traf auf die Musik des Duo Dong Dix.
Ya Dong – Pipa
Wolfram Dix – Percussion
Viktor Kalinke – Lesung, Übersetzung aus den Chinesischen

Ya Dong mit ihrer Pipa, der chinesischen Laute, und Wolfram Dix mit seinem akustischen und elektronischen Schlagzeug kamen von musikalisch völlig unterschiedlichen Erdteilen – und doch oder gerade daraus ergab sich ein sehr interessantes und reizvolles Zusammenspiel. Zumal Ya Dong nicht nur traditionelle chinesische Melodien spielte, sondern auch in der europäischen Musik zu Hause war. Und hörte ich da bei einem Stück tatsächlich Anklänge der Filmmusik zum "Dritten Mann" heraus (was ja vom Instrument bzw. von der gezupften Spielweise der Laute her gar nicht so abwegig wäre)? Wolfram Dix wiederum konnte auf seinem Percussion-Instrumentarium auch meditiv-ruhige Klänge erzeugen, die die Laute nur leise begleiteten. Genau entgegengesetzt die Töne, die er aus seinem elektronisch verstärkten Schlagzeug holte, kräftig, laut und durch die Elektronik auch verfremdet tönt sein Schlagzeug solo durch die Festungsmauern.

Was Dix später über Dong sagte ("sie kann – was in der chinesischen Musik durchaus nicht üblich ist – auch sehr gut und frei improvisieren"), war dann auch im Programm zu merken. Wenn beide Musiker einander mit ziemlichen Spaß Melodien zuspielten, dann ging das ein wenig in die Wildheit jazziger Klänge über, wenngleich auch sehr zivilisert.

Das Konzert war ursprünglich als Duo angekündigt. Ganz kurzfristig wurde daraus ein Lesekonzert: Viktor Kalinke, Schriftsteller, Übersetzer und Verleger aus Leipzig, hatte bereits vor mehr als zehn Jahren Lesungen mit der Begleitung durch Wolfram Dix durchgeführt. Als er von dessen aktuellen Konzerten hört, vereinbarte er kurzfristig, zur Musik des Duos aus dem Buch des Philosophen Zhuangzi (365 - 290 v. Chr.) zu lesen.
Kalinkes gerade erschienene Neuübersetzung des Zhuangzi ist zugleich auch die erste vollständige Übersetzung ins Deutsche. Neben der Kürzung um ein Drittel hatte eine vorherige, lange zurückliegende Übersetzung zudem einige inhaltliche Fehler, war von Kalinke zu erfahren.  

Der Alte Meister Zhuangzi gehörte zur philosophischen Strömung des Daoismus, benannt nach dem Daodedejing, dem von Laotse geschriebenen und viel bekannteren Buch. Auf den ersten Blick klingen die Geschichten ein wenige absurd. So wie die vom Zimmermann, der die Eiche nicht fällen wollte ("Es ist nutzloses Holz. Macht man aus ihr einen Sarg, dann verrottet das Holz in der Erde") oder die von einem Schüler des Konfuzius, der einfach dasitzt und feststellt "Ich mache Fortschritte. Ich vergesse". Da scheint Daoismus auf Dadaismus zu treffen (Philosophen wie Literaturwissenschaftler mögen mir den Vergleich verzeihen, der mir beim Hören der Geschichten in den Sinn kam ... aber tatsächlich hat sich wohl auch Kurt Schwitters vom Daoismus inspirieren lassen). Lässt man jedoch die alten Weisheiten auf sich wirken, dann wären vielleicht eher Kurzgeschichten von Bertolt Brecht oder Reinhard Lettau ein mögliches Pendant zu den Geschichten der alten Philosophen. Jedenfalls waren die Texte vergnüglich zu hören und machten neugierig auf mehr. Und sie erinnerten mich an eine lange zurückliegende Zeit, als ich mit 17 oder 18 Jahren die Reklam-Ausgabe "Daudedsching" in der Hand hielt und erstmals solche Texte las.

Viel zu schnell war das Programm zu Ende. Als Zugabe gab es, begleitet von Laute und Percussion, nochmal eine Geschichte von Zhuangzi: "Die Freude der Fische", die dem Programm auch den Namen gab. 


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